Augenschmaus

Was ist eigentlich die Logik, dass besonders raffinierte und meist auch teure Speisen so oft in homöopathischen Dosen serviert werden? Ab fünf oder sechs Gängen mag das ja Sinn machen, in einem Vorspeise – Hauptgang – Dessert Fall weckt so ein Augenschmaus jedoch primär die Lust nach einem Hotdog auf dem Heimweg.

What is the logic behind the fact that homeopathic doses are so common for particularly refined and expensive foods? This might make sense for five or six course menus. But in an appetizer – main course – dessert event such a feast for the eyes awakens primarily the desire for a hot dog on the way home.

Challah

Vom Konflikt, den ganzen Menschen hier, dem Studium, den hunderten Ultraorthodoxen, die letzte Woche stundenlang schreiend den Eingang zur Stadt (und den Heimweg von der Uni) versperrt haben und dem Fahrstil der BusfahrerInnen mal abgesehen sind die beiden aufregendsten Dinge an meinem Aufenthalt hier 1. der Fakt, dass ich in einer (halb)veganen WG wohne und 2. unser Toasterofen. Das hier ist Challah – aka „egg bread“ / ein „[t]raditioneller Hefezopf mit Eiern“ (Zitate Internet) – aber ohne Eier. Die erste wurde zu salzig, die zweite schmeckte zu stark nach Hefe, und die hier, mit etwas Dattelsirup im Teig, war ganz ok. Jetzt ist sie fort. Nachher esse ich مجدرة von meinem Mitbewohner und später sind in einer Strasse in meiner Nähe ganz viele Konzerte, und ich bereue, dass ich in den Ferien zu faul für meine Seminararbeit war und die jetzt, wo schon die nächste Deadline naht,* ganz dringend noch fertig geschrieben werden will.

*How valid is George Steiner’s idea that the whole of humanistic culture must be held responsible for what went wrong between 1933 and 1945?, falls jemand grad 5 Minuten Zeit hat und ghostwriten möchte.

Aushängeschild

Berufsstolz ist eine feine Sache. Viele Dinge des täglichen Lebens wären weit weniger gelungen, wenn nicht jemand mit einem gesunden Stolz ans Werk gegangen wäre. An Bauernhöfen kann man das besonders schön beobachten. Plaketten von Anlässen, Ausstellungen und dem Lieferanten der Melkanlage erzählen viel über die Erfolge der Familie die her arbeitet.

Professional pride is a good thing. Many things in daily life would be far less well done if it hadn’t been for someone with healthy enthusiasm. At farms you can observe this beautifully. Badges from events, exhibitions and the supplier of the milking system tell a lot about the success of the family that works here.

Saisoniers

Die effiziente Nutzung von Ressourcen ist ein Grundprinzip der Marktwirtschaft. Viele kluge Köpfe haben viele Bücher dazu geschrieben. Man kann das aber auch ganz einfach in den Bergen erleben: Im Sommer wird zweimal gemäht, um Heu für den Winter zu haben, im Herbst fressen die Kühe den Rest, und im Winter fährt die halbe Nation hier Ski. So einfach ist es eigentlich.

The efficient use of resources is a fundamental principle of the market economy. Many bright minds have written many books about it. But you can also experience it easily in the mountains: In summer, the grass is collected twice to feed the cattle during winter, in autumn the cows feed on the remains, and in winter half the nation is skiing here. It’s that simple.

Mein Zimmer

Weil ich immer noch ganz verliebt bin. Mein Fenster geht auf eine Art Innenhof, der wie eine Echokammer funktioniert. Gerade höre ich die Pornos, die die Person mir schräg gegenüber manchmal schaut. So in einer Stunde, gegen zwei Uhr nachts, kommt dann wahrscheinlich die alte Frau, die ganz laut schreit „Lo, ani lo roza!!“, was soviel heisst wie „Nein, ich will nicht!“ Morgen früh höre ich das Baby auf der Gegenseite und Nachmittags die Opernsängerin und die Person, die seit etwa drei Wochen die immergleiche Instrumentalversion von Despacito hört. Es ist ein bisschen wie Theater. Das einzige, was mich stört, ist Despacito (und ich hoffe, der alten Frau geht es gut).

Shakespeare im Park

Damals, im Sommer, als es Abends noch nicht unmenschlich kalt war, lief Shakespeare im Park. Wir sind einmal gegangen und sind den SchauspielerInnen durch den ganzen Gan Bloomfield gefolgt. Ich bin eineinhalb Stunden zu spät gekommen und habe trotzdem noch zwei Stunden Taming of the Shrew gesehen.

Gan Bloomfield ist mein Lieblinspark. An Shabbat kann man dort unter Olivenbäumen liegen und dem Flöten- und Oudspieler zuhören, der etwas weiter unten am Hang übt. Noch etwas weiter weg blühen die schönsten Blumen und stehen die hübschesten Häuser, und über ihre Dächer hinweg sieht man auf die Altstadt. Zwischen Blumen, Bäumen und dem Musikanten hasten palästinensische Hochzeitspaare durch den Park, begleitet von Fototeams, und posieren fürs Hochzeitsalbum. Jüdische Hochzeiten habe ich hier noch keine gesehen, aber dafür umso mehr Gross- und Kleinfamilien, auf bunte Picknickdecken verteilt.

Shabbat auf dem Shuk

Freitags schliessen in Jerusalem bis auf ein paar ganz (wirklich ausgesprochen) wenige Bars, Cafés und Lebensmittelläden alle Geschäfte etwas früher als sonst. Der Shuk ist in den späten Nachmittagsstunden besonders voll – es ist fast unmöglich, sich durchs Gewusel zu zwängen, und vor den Brot- und Gemüseständen herrscht grosses Gedränge. Je tiefer die Sonne sinkt, desto ruhiger wird es in den Marktgassen. Diese beiden Kinder schauen an einem Augustabend dem letzten Treiben zu; bald erklingt die Shabbatsirene, und dann wird Jerusalem zur Geisterstadt.

Yom Kippur

Yom Kippur ist der heiligste Tag im Judentum. Es ist der Tag, an dem man sich von allen Sünden reinigt (viel praktischer als Beichten) und an dem auch viele säkulare JüdInnen fasten. Ausserdem fahren keine Autos, Busse oder sonstigen Gefährte, ausser Velos. Wir sind zu dritt nach Tel Aviv gereist und dort zusammen mit dem Rest der Stadt durch die verkehrsfreien Strassen spaziert.

(Dieses Foto hat eine Freundin von mir aufgenommen.)

Zusammenfassend

Es gibt viele Lernstrategien, und die Welt der Notebooks und Tablets hat weitere Optionen geschaffen – und Komplexität. Wie lernt man heute richtig? Und warum überhaupt, da Wissen ja jederzeit auf Knopfdruck verfügbar ist? Auch hier gilt wohl die Regel, dass Dinge die es schon seit Jahrhunderten gibt, auch in Zukunft funktionieren werden. Handschriftlich verfasste Zusammenfassungen zum Beispiel.

There are many learning strategies, and the world of notebooks and tablets has created more options – and complexity. How do you learn effectively today? And why, since knowledge is always available at the push of a button? Here too, the rule is that things that have been around for centuries will still be relevant in the coming years. For example, handwritten summaries.

Gesprächsbereitschaft

Es ist nicht möglich festzustellen, wann die Sprache erfunden wurde, da sie mit einfachen Lauten begann und während zehntausenden von Jahren zu dem wurde, was sie heute ist: Eines der ganz wichtigen Werkzeuge der Menschheit, um als Gemeinschaft erfolgreich zu sein. Nur reicht Sprache alleine nicht – es braucht noch noch anderen Kitt, wie Empathie, Moral, Vernunft und Gemeinschaftssinn. Das ist wohl einer der Gründe, dass es zu beinahe jedem Thema Konferenzen gibt. Grosse Dinge lassen sich einfach nicht am Telefon besprechen.

It is not possible to determine when language was invented, since it began with simple sounds and over tens of thousands of years it has become what it is today: one of the most important tools of mankind to be successful as a society. However, language alone is not enough – there is still other cement needed, such as empathy, morale and common sense. This is probably one of the reasons why there are conferences on almost every topic. Big things just can’t be discussed on the phone.